Erfahrungen mit der Zeiss 1b Montierung

Seit über 30 Jahren habe ich die Zeiss 1b Montierung in Gebrauch. Seinerzeit auch schon gebraucht gekauft, verrichtet sie bis heute trotz harter Bedingungen ihren Dienst. Sie stand 30 Jahre in meiner damaligen Sternwarte sozusagen im Freien und hat damit viele Spuren, hauptsächlich durch Korrosion, davongetragen. Mechanisch ist sie bis heute über alle Zweifel erhaben. Zum stationären Einsatz ist sie sehr gut geeignet, für unterwegs gibt es jedoch Beschränkungen.

2.4.2021 - Der Umbausatz für die 1b und die FS2 Teleskopsteuerung kommen an. Natürlich will ich die Sache gleich testen! Erst wird der Deklinationsmotor montiert, dann derRA Motor, den alten Synchronmotor lasse ich noch angeschlossen, falls es nicht klappt...
Es funktioniert und am nächsten Tag, wird alles montiert.


noch ist der Synchronmotor dran


das Schnittstellenkabel zum Verbinden der Handsteuerbox mit dem Computer muss angefertigt werden


der Umbau ist fertig

20.1.2021 - Nach der Installation meines Linux Laptops habe ich mich dazu entschlossen, meine 1b auf Schrittmotorantrieb umzurüsten. Im Astrotreff habe ich hierzu eine Diskussion gestartet.
Eine FS2 Steuerung bekomme ich gebraucht, den Umbausatz von der Fa. Michael Koch. Bin schon gespannt!

Ein Manko ist der fehlende Polsucher. Das Ausscheinern nimmt, wenn die Montierung auf freiem Feld eingesetzt werden soll, viel Zeit weg. Das hölzerne Stativ (Telementor) von Zeiss kommt einer wirklich stabilen Aufstellung auch nicht entgegen. Im Zusammenhang mit dem Bau einer Barndoormontierung hatte ich mir ein Polsucherfernrohr für die EQ5 gekauft. Die Arbeit mit diesem Polsucher und die erreichbaren Ergebnisse haben mich sehr überzeugt. Nachdem ich eine einfache, aber ausreichende Halterung des Polsuchers für eine EQ1 Montierung gebaut hatte, kam es mir in den Sinn, das auch an der 1b zu versuchen, die dafür eigentlich nicht geschaffen ist. Ausgehend davon, dass die Gehäusekanten des Antriebes parallel zur Stundenachse verlaufen, habe ich aus Aluminiumprofilen eine einfache Halterung gebaut. Wieder sitzt, wie bei der EQ1 Halterung das Polsucherfernrohr in einem geschlitzten Plastikrohr, das mit zwei Kabelbindern auf der U-Schiene befestigt ist. An der Montierung wurde nichts geändert, lediglich zwei Schräubchen (M2 Gewinde) der Abdeckung des Antriebes wurden durch längere Schrauben ersetzt.

Anbringung des Polsuchers am Gehäuse des Antriebes

Detailansicht des Polsuchers, hier wird deutlich, wie sich die Aufnahme an das Gehäuse der Montierung anschmiegt. Dadurch ist der Sucher nahezu parallel zur Stundenachse.

Die Genauigkeit der Ausrichtung war für mich verblüffend. Ein bei 75-facher Vergrößerung eingestellter Stern blieb über eine halbe Stunde im Zentrum des Fadenkreuzes. Bei der Gelegenheit habe ich auch festgestellt, dass die Abweichung der Ausrichtung der Montierung auf meiner Säule recht groß ist, je nach dem, wie ich die Montierung beim Festziehen der Schraube halte. Das war ein großes Manko, denn wenn ich mal eine Stunde lang ausgescheinert hatte, war alles nach dem nächsten Aufsetzen der Montierung zunichte. Werde jetzt künftig nach dem Aufsetzen der Montierung auf meine Säule im Garten die Ausrichtung immer prüfen. Genaue Ausrichtung vorausgesetzt kann ich selbst mit meinem 150 mm Refraktor bei 1200 mm Brennweite über 5 Minuten belichten, ohne sichtbare Abweichungen zu haben. Manchmal kann der Wind dazwischen kommen, manchmal zittert die Säule oder ich bewege mich ungeschickt, die weit überwiegende Zahl der Aufnahmen kann ich verwenden.

Jetzt gibt es nur noch eine Schwierigkeit beim Einsetzen der 1b unterwegs, die Spannungsversorgung. Die Montierung wird durch einen Synchronmotor mit 220 Volt bei 50 Hz angetrieben. Die Genauigkeit der Frequenz geht direkt in die Genauigkeit der Nachführung ein.

Zu DDR Zeiten war die Netzfrequenz niemals 50 Hz, sie lag immer deutlich darunter. Das hatte zur Folge, dass es immer sehr mühsam war, mit der Montierung Langzeitbelichtungen zu machen. Irgendwann habe ich mir durch einen Freund einen Frequenzwandler bauen lassen, mit dem es dann möglich war, die 220 Volt mit einstellbarer Frequenz zu erzeugen.

Heute gibt es recht preiswert Spannungswandler, um unterwegs aus der Autobatterie 220 Volt zu gewinnen. Das hatte ich zur Firnbedeckung in diesem Jahr probiert, die Montierung lief aber buchstäblich
nach dem Mond. Später habe ich die Frequenz nachgemessen, sie pendelte um die 52 Hz ! Es gibt zwar Spannungswandler mit quarzgenauer Frequenz, diese haben aber ihren Preis. Hier kam mir mein "alter" Frequenzwandler in den Sinn. Er funktioniert problemlos am Spannungswandler und mit dem zusätzlich angeschlossenen Zungenfrequenzmesser kann ich die eingestellte Frequenz  gut überwachen. Ich kann sogar den Antrieb etwas beschleunigen oder langsamer laufen lassen.

Zungenfrequenzmesser und Frequenzwandler

M13, am 30.9.2012 mit Refraktor 80/1200 (bei Vollmond) an der 1b- Montierung aufgenommen

Fazit bis jetzt: Mit einigen Maßnahmen kann die Montierung auch heute noch ohne Einschränkungen genutzt werden. Die Stabilität ist sehr hoch. Ich habe, als ich noch ein Sternwartegebäude hatte, selbst einen 25cm Newtonspiegel mit 125 cm Brennweite an der 1b genutzt. Fotografische Nutzung ist jedoch nur "unguided" möglich, da die Deklinationseinstellung recht grob ist und der Stundenantrieb mit einem Synchronmotor über eine Rutschkupplung und ein Getriebe mit viel Spiel erfolgt. Fünf Minuten bei
1200 mm Brennweite funktionieren jedoch immer, dann setzt das Streulicht ohnehin eine Grenze. Entscheidend ist für mich jedoch, dass vergleichbare Montierungen einen vierstelligen Preis aufweisen und niemand weiß, ob die Elektronik darin in 20 Jahren noch funktioniert.  

M27 am 3.10.2012 mit 120/850 Newton mit 1b Montierung auf Telementorstativ,
Spannungsversorgung über Frequenzwandler

2.3.2020 - Bei der letzten Astrosession musste ich feststellen, dass der mitlaufende Stundenkreis der 1b sich selbstständig verstellt. Die Klemmschraube war schon immer abgebrochen, der Ring des Stundenkreises aber recht schwergängig geklemmt. So brauche ich mich nicht zu wundern, wenn das Aufsuchen von Objekten mit Hilfe der Teilkreise zur Geduldsprobe wurde.
Da ich die Justierung der Montierung nicht verlieren will, zerlege ich die Montierung auf der Säule. Das Ausbauen der Deklinationsachse ist kein Problem. Die Stundenachse ist jedoch mit einer Zweilochmutter gesichert. Die sitzt auch richtig fest, so dass ich einen speziellen Schraubenschlüssel bauen muss. Nach einigen erfolglosen Versuchen benutze ich einen Drehstahl, in dessen Schaft ich zwei 2 mm Bohrungen in
20,5 mm Abstand einbringe. Das klappt mit der notwendigen Genauigkeit erst beim zweiten Versuch. Als Mitnehmer muss ich einen 2,2 mm Bohrer opfern, da Nägel passenden Durchmessers zu weich sind.
Um die Stundenachse raus zu bekommen, muss noch die Schnecke ausgebaut werden. Dazu sind zunächst die Abschlussdeckel mit einem Stechbeitel zu lösen. Dann sind auf beiden Seiten der Lagerung M4 Schrauben auszubauen. Das Zahnrad des Antriebes bleibt montiert, es ist vernietet. Es muss jeweils so gedreht werden, dass die Schrauben des Lagerschildes durch die Bohrungen im Zahnrad entnommen werden können. Die Schnecke wird zu Antriebsseite herausgezogen.
Jetzt kann die Stundenachse mit dem Oberteil der Montierung herausgezogen werden.
Um Platz zum Ausbohren der gebrochenen Klemmschraube zu bekommen, muss noch die Stundenklemmung zerlegt werden. Eine Seite wird durch die Klemmschraube gehalten, die andere Seite durch eine Senkkopfschraube, an die ich nur mit einem Winkelschraubendreher komme. Später kann ich die Ringe gegeneinander verdrehen, so dass es kein Problem mehr ist, an die Schraube zu kommen.
Am nächsten Tag versuche ich die abgebrochene Klemmschraube raus zu bekommen. Mit einem Uhrmacherschraubenzieher und Hämmerchen kann ich die Schraube tatsächlich lösen! Mit Geduld bekomme ich sie heraus. Das Gewinde ist durchgehend, deshalb hätte ich beim Ausbohren garantiert keinen Spaß gehabt.
Vor der Montage entferne ich das alte Fett weitestgehend mit Bremsenreiniger und schmiere alles neu.
Die Montage geht schneller als gedacht, jetzt muss es nur noch klar werden.


noch sitzt die Mutter fest


Mutter der Stundenachse mit angefertigtem Werkzeug


Antriebsseite der Schnecke


andere Seite, der Lagerdeckel ist durch Passstifte fixiert


gelöste Schnecke


demontierte Schnecke, die Passstifte sitzen im Lagerschild


gelöste Stundenachse


Befestigung für Klemmung Stundenachse


1 = Bohrung für die Klemmschraube, 2 = Bohrung für die Schlitzschraube zum Fixieren der Klemmung im Montierungsgehäuse. Hier gehört noch eine weiche Unterlegscheibe zwischen,


vier Senkschrauben zum Halten der Klemmscheibe


oberes Ende der Stundenachse


Schraube für Klemmring


abgebrochene Schraube für den Stundenkreis


der Schraubenrest ist tatsächlich draußen